Montag, 28. April 2008

Und nach dir die Hoffnung (sowas wie ein Nachruf)

Den Jungen den ich kennen lernte hatte die gleichen Kinnknochen, die gleiche blasse Farbe der Haut und vor allem die gleichen Locken wie meine Freundin. Sie konnten nie und nimmer von sich weisen, dass sie von einem Fleisch und Blut waren und noch weniger, dass sie miteinander aufgewachsen sind. Sie hatten eine bestimmte Art miteinander zu reden, Geheimnisse miteinander zu haben, sich gegenseitig zu drohen.
Sie waren die Geschwister.
Auf ihre Art allein gelassen und gleichzeitig eingesperrt von ihren Eltern. Eingesperrt von viel Sorge, beißender Haushaltsreiniger und selbst genähten Ensembles. Eine trübe Welt voller Ordnung und wenig Liebe. Liebe war wenn die Mutter ein Schälchen Süßigkeiten in ihre Zimmer brachte.
Rebellion bedeutete für ihn sich Markenkleider zu kaufen. Ganz dezent und natürlich ordentlich. Die Levis penibel gebügelt, das Espritlogo auf dem Shirt akkurat.
Beide wurden auf Angepasstheit getrimmt, aber sie mit ihrem Naturell brach aus. Rebellierte auf ihre Art, wirtschaftete sich herunter, damit auch jeder sah dass sie Hilfe brauchte, wartete auf den, der ihr endlich helfen konnte. Und der kam, half ihr sich selbst wieder aufzubauen. Stück für Stück.
Aber er war anders und hatte keine Freunde, die sich nachts mit rosernen Martini besoffen, weil sie sich Sorgen machten und vollkommen überfordert waren. Sich von ihr aufgefressen fühlten und doch wusste, dass sie gar nicht das richtige zum Geben hatten. Und damit vielleicht doch das ein oder andere Sinnvolle schenkten.
Es gab keine Diotima und auch sonst wohl niemanden. Nur die Schwester und die wusste keine Hilfe. Hatte nur jemanden vor sich, der sich ihr einen Spaltbreit mehr öffnete als der ganzen anderen Welt. Er war Siegmund, sie aber nicht Sieglind.
Und so war in beiden lange der Ekel, dieser Selbsthass, aber auch die so hoch stilisierte Anforderung an die Welt. Immer sich selbst sehend, als Selbstedikt und doch nicht genügend. Sich selbst finden, Festhalten im anderen.
Sie aber wird Katja, findet ihren Mann. Und er bleibt allein zurück.
Er ließ sie -dann und wann- seinen Hass spüren, natürlich in erster Linie auf sich, ganz décadence.
Und nach 30 Jahren das Ende.

Im Sonnenschein eine ferne Nachricht des Suizids einer Person die man kannte. Fern. Natürlichkeit in einer e-mail suchen. Und in Wirklichkeit fand den Körper jemand Wochen später. Hast du seine Seele gespürt?

Sonntag, 27. April 2008

Extreme Übergangszeiten sind nichts für mich

Schwer wie Stein, voll gesogen mit allem möglichen, bin ich ja ziemlich träge. Stimmungsschwankungen würde ein Spezialist bei mir schwer feststellen, auch wenn ich welche hätte, denn ich bin langsam. Langsamer als andere. Aprilwetter überfordert mich demnach auch. Ich friere noch, da scheint längst die Sonne, ich ziehe mir dann doch den Pullover aus, als es anfängt zu hageln… Dieses Gestern Minusgerade und heute Hitzetaumel ist nichts für mich.
Ich sitze es demnach noch mit selbst gestrickten dicken Strümpfen aus, mit bloßen Beinen, einem Handschuh und ärmellosen Hemd, die Pudelmütze nur noch traurig schief auf dem Kopf, die Sonnenbrille darunter als Haarreif, wenn er nicht gerade wieder vor die Augen fällt und einem beim plötzlichen Regenschauer in tiefer Dunkelheit zurücklässt.
Traurig musste ich feststellen, während mein Cocktailschirmchen beim Schneefall sich auflöste, dass ich unpassend bin. Die einst lustige pinke Farbe des Papierschirmchens lief erbärmlich über meinen Handrücken und saugte sich in die weißen Fasern meines Schals. Noch nicht mal tragisch, nur erbärmlich und zumindest beim Angucken etwas witzig.


Zur richtigen Stimmung
[Und morgen ziehe ich in meine Utopie! Und was machst Du so?]

Freitag, 25. April 2008

Die Reisetasche

Eine abgewrackte graue Tasche. Eher eine Sport-, denn eine Reisetasche, mit einem goldschimmernden Emblemschild. Monarch, keine Ahnung ob billig, aber die Tasche zeigt trotz der ganzen Schäbigkeit heute, dass sie von guter Qualität war. Denn ich kenne sie mein Leben lang. Mein Vater nahm sie mit auf Reisen. Meine Eltern packten sie zusammen wenn er seine Familie besuchte, auf Reisen war. Er holte sie aus den rot lackierten Eckschrank und wenn sie noch leer waren und meine Mutter das Adressen- und Namensfeld beschrieb durfte ich hinein klettern. Im bequemen Fötushaltung lag ich darin und mein Vater zog den doppelseitigen Reißverschluss zu und sprach mit seiner lustigen Stimme, dass er mich so billig mitnehmen könne.
Auf diese Tasche fielen Herbstblätter der Wälder in North Carolina, brachten deutsche Pralinen zu meiner Amah nach Singapoure, hat Kaugummi als Schmugglergut von Malaysia nach Singapoure eingeschleust, wurde hastig untersucht, ob auch wirklich keiner seine Drogen einem untergeschoben hatte. Sand des Pazifiks verfing sich in den Nähten und wurde erst wieder im hohen Norden Deutschlands ausgeschüttelt. Aus Versehen war die Tasche mal allein in Hawaii und fand erst Monate später ihren Weg nach Hause, damals als sie noch fürsorglich ein Schild trug. Schluffig stand sie einst an der Ecke eines Bettes in einer Renaissancevilla in Florenz und Autohupen der Lieferwagen drangen durch die hölzernen Fensterläden. Schwitzige und voll geblutete Judoanzüge wurden nach Trainings- und Wettkämpfen in sie gestopft, manch eine Auszeichnung meines Bruders mit dabei, seltener von mir. Damals war ich nicht aggressiv genug, bei mehreren Wettkämpfen war der türkische Junge mein Gegner, der sich vor der Verbeugung selbst anheizte indem er sich mit den Handflächen hart auf die Wangen schlug.
Die Tasche war auch Untergrund für Salamander in der Toskana, nach einem gleißenden Sonnentag mehr gezogen als geschleppt. Sie sah Paris, Amsterdam und roch nach dem absinthenen Prag. Schwarze Nacktschnecken in Dänemark hinterließen ihre klebrigen Spuren, Bonny, die Neufundländerhündin die meine Kindheit begleitete, verfrachtete dort kurzerhand ihre Welpen und Lucas, der Kater der mehr auf sie achtete als die Mutter, sprang hinterher.
Und ich packte sie, als ich in eine ungewisse Zukunft nach München fuhr. Eine Nacht war sie Kissen, weil es zu spät war um zur Herberge raus aus München zu fahren. Und als ich das Bett in der Notunterkunft mietete schloss ich sie in eine der vielen Schließfächer am Hauptbahnhof. Neben mir stand ein Mann mit einem Tumor am Hals, der weit über seine Brust ragte, er fragte mich nach etwas Kleingeld, ner Mark.
„Wenn du sie nicht mehr benötigst, dann kannst du sie einfach wegschmeißen“, sagte meine Mutter und deutete auf die aufgerissene Naht mit der aufgefaserten Stoffseite am Reißverschluss. Doch noch habe ich sie, sie dient mir als Wäschekorbersatz. Genau eine Waschmaschinenfüllung passt hinein (eigentlich zu viel). Und wenn ich die Trommel fülle und in die davor stehenden Tasche greife stelle ich mir vor, wie es gewesen wäre, wenn ich längst Kinder gehabt hätte, die in sie krabbeln und mich darum bitten den Reißverschluss zu zuziehen und mich bitten sie mit zunehmen. Und wenn ich ihnen erzählen würde, wie alt sie ist… im Verhältnis zu ihnen.

”You show me continents
I see the islands
You count the centuries
I blink my eyes”

Donnerstag, 10. April 2008

Blitzerinnerung

Oh Mann, 2004 war ein echt gutes Jahr.

Mittwoch, 9. April 2008

Sexpassage

Ihr habt bestimmt alle schon mal etwas von dem Preis „Bad Sex in Fiction“ gehört, der von der Literary Review seit 1993 vergeben wird. Ziel ist es in eigentlich guter, zeitgenössischer Literatur auf äußerst krude, lieblose Sexbeschreibungen aufmerksam zu machen, so dass auch das zukünftig vermieden wird. Der letzte vergebene Preis für Norman Mailers The Castle in the Forest wurde einzig postum vergeben.
Vor kurzem hatte ich das Vergnügen den vorletzten „Gewinner“ zu lesen und möchte euch an dieser Formulierung von Iain Hollingshead in Twenty Something teilhaben.
"Und dann bin ich in ihr, und alles ist pures Weiß und wir verlieren uns in einem Tumult aus Grunz- und Quietschgeräuschen."
Eindrucksvoll und würdig, oder?

Donnerstag, 3. April 2008

Wie war das mit Teil einer Jugendbewegung? Also darüber hinaus...

Tja also, ich, hähöm, also ICH gehöre einer „aufregenden Avantgardebewegung“ an. Ja. Schön. Wenn ich auch durch nichts andere glänzen kann oder so.
In diesem ganzen Zusammenhang und vor allem zu dem Gedanken Nutts, dass er es bedauerlich fand, dass kein Wort zu „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ oder insgesamt „Öffentlichkeit“ fiel, könnte die Tagung „Medienamateure“ mal ganz ergiebig sein. Blogger sind da zwar nicht das alleinige Thema, werden aber mit untersucht. Mir scheint diese Tagung jedenfalls persönlich mehr zu bringen als so ein Bloggerkongress.
Aber zur Avantgarde will ich trotzdem gehören… bestimmt.

Mittwoch, 2. April 2008

Schaumträume

Verdammt, nach zwei Tagen mich doch geschlagen gegeben: Ich wasche ab!
Meine Mitbewohner meinen, sie wären mit der Situation rundum glücklich. Als ich versuche eine Petition herum geben zu lassen weigern sie sich zu unterschreiben. Der Schwamm jammert etwas von: „…nicht allein und wenn nur mit einem anderen zusammen…“ und schäumt dabei seine Ablage voll. Widerlich. Die Bücher wollen mit dem Ganzen nichts zu tun haben und die Pflanzen beschweren sich im Gegenzug über die verkalkte Wasserqualität und dass sie niemand gefragt hätte ob sie überhaupt in solche Verhältnisse ziehen wollten. Die Positionen sind verhärtet und selbst die tiefen Teller meinen, sie fänden, dass ich mich anstellen würde. Wenn sie mit der Lage leben könnten, dann doch ich wohl auch.

Dienstag, 1. April 2008

Das ist keine Kunstrezension

Und das soll Kunst sein? steht direkt auf einem sonst weißen Grund. Nichts anderes. Bezieht sich der Künstler mit dieser Frage auf die anderen auszustellenden Werke, oder meint er das eigene? Wahrscheinlich beides. Wobei er sich im ersten Falle in der Tradition von Magritte bewegt und im zweiten Falle die der Kritik als Kunst. Um das zu überprüfen muss man da mal näher ran. Und tatsächlich, da ist mehr zu sehen. Der Künstler der sich plus lumière nennt und vor einem Jahr mit einem kleinen schwarzen Büchlein für Furore sorgte, welches à la Banks mäßig ohne Zutun der Kuratoren sich im Ausstellungsraum der Wechselausstellung mit religiösen Schriften des Britsh Museums neben dem reichen Stundenbuch Heinrichs VIII. sich befand, welches wiederum durch den berühmten Riss in der Mitte der Seiten seinen Bruch mit der katholischen Kirche demonstriert, hat einiges zu bieten. Unter dem schwarzen Buch, welches nur geschwärzte Seiten zeigte, stand die Schautafel:
Das Buch der Wankelmütigen, für jedes Gotteshaus kompatibel. Angefertigt für Heinrich VIII. von dem Künstler plus de lumière als Präsent. Der Herrscher soll darüber gelacht haben und es über Jahre immer mit sich geführt haben. Er schwor auf ihr selbst seinen Schwur auf die Supremartsakte, in Wirklichkeit soll das der Grund für den Bruch mit Thomas Morus gewesen sein. Heinrich verlor dadurch einen Lordkanzler und der ehemalige Lordkanzler sein Leben, denn Heinrich ließ ihn hinrichten. Trotz des Humors und Nutzung des Herrschers wurde plus de lumière wegen Herrscherbeleidigung angeklagt und in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Das Urteil konnte nie ausgeführt werden.
Doch zurück zu dem Werk heute, welches neben großformatigen Bildern Alison Watts, wie Phantom von 2007, mit seinem recht kleinen Format einer DIN 3 Seite in dem Saal der National Gallary fast untergehen müsste, aber wegen seiner Aussprache doch anzieht. Eine Frage, die sich so manch einer in diesem Raum schon gestellt hat.
Doch nun der Schritt heran. Tatsächlich, die Verwandtschaft mit Magritte ist nicht zu leugnen. Was eben noch als einfacher Posterdurck wirkte ist feinste Ölmalerei. Wie bei Ceci n’est pas une pipe. wird ein Gegenstand abgebildet. Realistisch, in dem einen Fall die Pfeife, hier die Schrift einer Schautafel. Magritte macht mit seinem Satz darauf aufmerksam, dass der gezeigte Gegenstand nicht wirklich eine Pfeife ist, eben nur eine Darstellung. Sozusagen in platonischer Tradition. plus lumière geht nach dem Aufmerksammachen des abbildenden Charakters der Kunst noch einen Schritt weiter und fragt, ob die Abbildung allein Kunst ist. Eine Diskussion, die in der Kunstgeschichte oft geführt wurde und ihren Höhepunkt mit Aufkommen der abstrakten Kunst und ihrer Manifeste fand.
Doch anders als Magritte ist plus lumière frecher, tritt aus seinem Werk heraus und macht sich über das Kunstwesen allgemein lustig, hakt nach. Nicht allein die Diskussion um die Nachbildung scheint er anzusprechen, sondern eben das Kunstwesen allgemein. Er hinterfragt die Stofffalten Watts neben sich genauso wie Jeremy Dellers Memory Buckett gegenüber im Saal.
Es steckt also schon mehr dahinter als nur ein dummer lapidarer Satz. Auch wenn sich plus lumière, wer sich auch immer hinter diesem Namen verbirgt, die Kritik gefallen lassen muss, dass er die Kunst nicht neu erfindet, sein Konzept auch nicht bahnbrechend ist und Nachahmung in vielerlei Hinsicht für ihn kein Fremdwort ist. Trotzdem, durch die National Gallary weht mit seinem Bild, welches diesmal von den Kuratoren teuer erstanden wurde, ein lässiges Lachen.

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